Seyer – Namendeutung

Wer beginnt, sich mit Familienforschung zu beschäftigen, kommt irgendwann zu der Frage, was der eigene Name wohl bedeutet. Mit dieser Thematik beschäftigt sich die Onomastik als Teilgebiet der Sprachwissenschaften.

Erschließt sich bei den Namen Müller oder Fischer jedem sicher sofort die Bedeutung, kommt man beim Namen Seyer wohl nicht so ohne weiteres auf die ursprüngliche Bedeutung.

Zur Namendeutung gibt es inzwischen zahlreiche Fachbücher, die je nach Herkunft des Namens auch meist mehrere Erklärungen ausweisen. Auch für den Namen Seyer habe ich mehrere Bedeutungen finden können. Dabei ist es egal, ob der Name Seyer oder Seier geschrieben wird.

Seit Anfang des 13.Jahrhunderts, man spricht auch vom ausgehenden Mittelalter, lässt sich nachweisen, dass Personen in ihrem Lebensumfeld immer häufiger nicht nur mit Vornamen benannt werden, sondern auch einen Beinamen erhalten. Diese Beinamen sind der Ursprung unserer Familiennamen. Mit dem steten Wachstum der Stadt- und Landbevölkerung war es notwendig geworden, Menschen gleichen Rufnamens an Hand ihrer Beinamen einer Sippe zu zuordnen und so unterscheiden zu können.
Oft wies man dabei auf ihre Stellung oder ihre Aufgabe in der Gesellschaft hin. Namen dieser Gruppe wären z.B. Müller, Schmidt (Schmied) und Schulze (Dorfschulze). Diese Familiennamen nennt man der Kürze halber direkte Berufsnamen, schließt dabei aber auch die Namen von Nebenerwerbstätigkeiten oder anderen Tätigkeiten in der Gesellschaft mit ein.
Oft wird nicht die Berufsbezeichnung selbst, sondern ein Werkzeug, eine bestimmte Tätigkeit oder auch ein Material zur Kennzeichnung einer Person gewählt, z.B. Schiefer für den Dachdecker oder Leim für einen Tischler. Diese indirekten Berufsnamen sind ihrer Entstehung nach Berufs-Übernamen.

Der Name Seyer leitet sich unter anderem auch aus diesen Berufs-Übernamen ab. Es gibt die Ableitung für das mittelniederdeutsche Wort seien = säen. Somit wäre der Seyer ein Sämann, also ein Ackerbauer in der Frühzeit gewesen.

Eine weitere Ableitung kommt vom mittelniederdeutschen Wort „sier“, was so viel wie Senknetz oder Binsenreuse bedeutet. Der Träger des Namens Seyer hat hier wohl am Wasser gewohnt und könnte somit ein Fischer oder Netzmacher gewesen sein.

Unter dem Begriff ”Mittelniederdeutsch” wurden in der Frühzeit der Germanistik teilweise sowohl Mittelniederländisch auch Mittelniedersächsisch zusammengefasst. Der Begriff Mittelniedersächsisch bezieht sich nicht auf das Bundesland Niedersachsen, sondern auf die germanischen Stämme der Sachsen die im Gebiet zwischen Ijsselmeer in den Niederlanden und Pommern zu Hause waren sowie auf das Herzogtum Sachsen.

Der Begriff ”Mittelniederdeutsch” ist zweideutig.
Das ”Mittelniederdeutsche im weiteren Sinne” umfasst Norddeutschland und den gesamten niederländischen Sprachraum.
Das ”Mittelniederdeutsche im engeren Sinne” umfasst Norddeutschland und (nur) den Nordosten der heutigen Niederlande, östlich der Ijssel.

Eine dritte Deutungsmöglichkeit unseres Namens aus den Berufs-Übernamen wird im Duden oder im Namenslexikon des Gondrom- Verlages von Hans Bahlow beschrieben. Danach leitet sich Seyer von „Seiger“ oder „Seigerer“ ab, was im Mittelhochdeutschen so viel wie Sand- oder Wasseruhr, später auch jede Uhr oder auch Waage bedeutete. Dieser Namensgeber könnte somit Uhrmacher, Münz- oder Gewichtsprüfer gewesen sein. Diese Erklärung findet sich auch im Familienwappen wieder, welches Johannes Seyer seiner Familie 2003 gestiftet hat. Man erkennt darin eine goldene Balkenwaage, das Arbeitswerkzeug der Gewichts- und Münzprüfer.

Bahlow stellt den Namen Seyer mit den Namen Sig(h)er, Seg(h)er, Se(e)ger gleich. Seger oder Säger wären demnach Arbeiter in den Sägegruben oder auch Holzfäller gewesen.

Die Vielfalt der Familiennamen, die sich aus den Berufen direkt oder indirekt ableiten lassen, vergrößert sich um ein Vielfaches, wenn man zusätzlich die Berufsbezeichnungen in den verschiedenen Dialekten betrachtet. So heißt der Holzsäger im oberdeutschen Dialekt Säger, Se(e)ger oder Sager, im niederdeutschen dagegen Brettschneider! Seyer und Brettschneider hätten somit die gleiche Bedeutung.
Seg(h)er(s) dagegen ist im niederdeutschen die Ableitung des Rufnamens Sigiher.

Die Gruppe der Berufsbezeichnungen stellt im deutschen Sprachgebiet mit Abstand die meisten Namen.
Da Namen oftmals an mehreren Stellen gleichzeitig entstanden sind, lässt sich eine eindeutige Zuordnung zu den Deutungsmöglichkeiten nur über die genaue Herkunft der Familie ermitteln.

 

Bild: Verteilung des Namen Seyer in Deutschland mit geogen 2.0 , Quelle: Christoph Stoepel, www.legacy.stoepel.net/de