Emma Seyer

Emma – Kneipenbesitzerin in Berlin

Emma Auguste, die erste Tochter des Ehepaars Seyer/Hagenow, wurde am 13. Juni 1887 in Havelberg geboren und am 7. August 1887 auch dort getauft.
Als Paten werden Arbeiter Reim, Arbeiter Renschenhagen, Frau Nölke, Helene Benthin und Emma Ganschow im Kirchenbuch angegeben.
Als kleines Kind hatte sie einen Unfall, der sie zeitlebens kennzeichnete. Ein Sturz aus dem Kinderwagen hatte zwei ungleich lange Beine zur Folge.
Viel ist über Emmas Leben nicht bekannt. Eine „Familienlegende“ besagt jedoch, dass sie auf einen Heiratsschwindler hereinfiel.

Im Herbst 2016 konnte ich in den Namensregistern des Berliner Landesarchivs für das Jahr 1925 im Bereich des Standesamtes 10c (Greifenhagener Straße) eine Ehe Seyer-Vierow finden. Klarheit, dass es sich hier um eine Ehe Emmys handelt, brachte das Berliner Adressbuch von 1926. Hier ist unter dem Namen Vierow eine E. geb. Seyer, Greifenhagener Straße 55 eingetragen. Es handelt sich bei der Ehe im Standesamtsregister demzufolge eindeutig um die Ehe Emmas. Im Adressbuch wird sie als Privatiere geführt, später dann als Frau.

Emma heiratete am 24. März 1925 in Berlin den Kaufmann Heinrich Wilhelm Curt Vierow. Dieser wurde am 3. Juli 1887 als Sohn des Kaufmanns Heinrich Karl Wilhelm und der Luise Karoline Rabenstein in Leipzig geboren.
Zeugen der Trauung sind ihre beiden Brüder Otto und Hermann, wohl auch ein Beweis dafür, dass das Verhältnis zwischen den Geschwistern offensichtlich gut gewesen sein musste.
Heinrich Vierow war bereits mindestens zweimal verheiratet, bevor er Emma Seyer ehelichte.
Seine erste Ehe ging er am 12. August 1909 in Berlin-Schöneberg mit Theresa Mathilde Runge ein. Die Ehe wurde am 7. Februar 1913 geschieden.
Zum zweiten Mal heiratete er in Neukölln am 19. Januar 1916 die Schneiderin Martha Klara Thal. Diese Ehe hält nicht mal ein Jahr, denn sie wurde bereits am 17. November 1916 geschieden. War der Ehemann doch ein Heiratsschwindler?

In den folgenden Jahren steht nur Emma Vierow im Adressbuch. Ein explizit genannter Ehemann findet sich hingegen nicht.
Das Eheaus kam dann doch relativ schnell, denn die Ehe Seyer/Vierow hält nur 2 ½ Jahre. Bereits am 15. November 1927 wird die Ehe wieder geschieden.
Ab 1931 findet sich kein Eintrag mehr für Emma Vierow im Adressbuch. Allerdings auch keiner für eine Emma Seyer.

Im Herbst 2016 erhielt ich die Kopie des Geburtseintrages von Emma aus Havelberg. Als Nebenbemerkungen sind hier zwei Ehen eingetragen.
Daraus lässt sich schließen, dass Emma eine zweite Ehe eingegangen war. Vermerkt sind eine Registernummer des Standesamtes Prenzlauer Berg und ein Heiratsdatum. (StA 1910/1939) Demnach wurde die Ehe am 24. Juli 1939 geschlossen. Mit dieser Registernummer konnte ich im Landesarchiv Berlin die entsprechende Kopie des Eintrages anfordern, den ich im Februar 2020 dann erhielt.

Emma Auguste Vierow, geborene Seyer, heiratete am 24. Juli 1939 den kaufmännischen Angestellten Albert Friedrich Kaul. Der Ehemann wurde am 22. Mai 1887 in Hümmerich im Rhein-Wied-Kreis geboren. Seine Eltern waren der Lehrer Johannes Peter Kaul und Johanna Klein. Beide Eheleute waren vorher schon einmal verheiratet gewesen.
Als Trauzeugen wählte man sich Nachbarn aus demselben Haus in der Greifenhagener Straße 55. Den Lehrer Emil Kuhrmann und die Hausfrau Agnes Weiß.
Kinder aus vorhergehenden Ehen sind in den Unterlagen nicht verzeichnet.

Emma wird in den Adressbüchern oft als Gastwirtin geführt. In den goldenen Zwanzigern hatte sie unter ihrer Wohnung im ersten Stock ein kleines Lokal, das sie anfangs zusammen mit ihrer Mutter führte. Im Telefonbuch der Stadt Berlin für die Jahre 1923 und 1924, wird die Gastwirtschaft von Emma Seyer in der Stargarder Str. 78 aufgeführt.
Im Adressbuch der Stadt Berlin von 1925 wird Emmi Seyer ebenfalls als Gastwirtin genannt. Wohnadresse ist die Greifenhagener Straße 55, die aber unmittelbar an die Stargarder Straße 78 grenzt.
Vor dem Tod der Mutter musste sich Emma um sie kümmern, da sie schwer an Diabetes erkrankt und bettlägerig war.

Emma hatte keine Kinder.

Sterbeeintrag Emma Auguste Seyer, verehelichte Kaul
Quelle: Landesarchiv Berlin, P Rep. 220, Nr. 94, Register-Nr. 1999/1952

Auf den Dokumenten zur zweiten Ehe findet sich auch der Hinweis auf ein Sterbedatum. Demnach überlebte sie den Krieg in Berlin und starb am 1. Oktober 1952 im Prenzlauer Berg. Mein Großvater erwähnte einmal, dass sie angeblich den Freitod wählte. Dafür hatte ich bisher keine Beweise. Mit der Signatur des Sterbeeintrages konnte ich eine Kopie des Eintrages im Landesarchiv Berlin anfordern. Hier stand es schwarz auf weiß. Emma wurde am 1. Oktober 1952 tot in ihrer Wohnung aufgefunden. Die Volkspolizei gibt als wahrscheinliche Todesursache „Selbstmord durch Vergiftung“ an.