Familienlinie Reinholz aus Ostpreußen

Gemeinsamer Familienursprung

Eine Urgroßmutter mütterlicherseits war Magdalena Reinholz, später verheiratete Dinter. Die Familienlinie Reinholz gehört auch zu den Vorfahren meiner Frau, hier nur jeweils um eine Generation verschoben. Unsere Familienlinie Reinholz lässt sich bis etwa 1820 zurückverfolgen. Ihren Ursprung hat sie im Ermland in Ostpreußen, genauer gesagt stammte die Familie aus Rößel. Unsere Vorfahren Reinholz waren katholischen Glaubens.

Ich war vor einigen Jahren mit meiner Familie selbst in Rößel und wir haben uns den Ort unserer Vorfahren angeschaut. Spuren der Familie konnten wir dort nicht mehr entdecken.

Rößel

Pfarrkirche in Rößel Sommer 2019, Foto Norbert Seyer

Rößel ist heute eine polnische Kleinstadt in der Woiwodschaft Ermland-Masuren und hat zurzeit etwa 7.500 Einwohner. Die Stadt blickt auf eine lange Geschichte zurück. Bereits um 1240 wurde an gleicher Stelle eine Wehranlage des Deutschen Ordens errichtet. Nach und nach entwickelte sich um die Wehranlage, die später zur Burg ausgebaut wurde, ein Dorf, in der Nähe siedelten sich Mönche an. Ende Mai des Jahres 1806 wurde die Stadt bei einem Brand nahezu vollständig zerstört und musste neu aufgebaut werden. Die ebenfalls neu errichtete Pfarrkirche wurde 1817 geweiht. Um 1816 lebten etwa 2.100 Menschen in Rößel, bis 1890 stieg die Zahl der Einwohner auf 3.500. Im Zweiten Weltkrieg blieb die Stadt weitgehend von größeren Zerstörungen verschont, die einheimische Bevölkerung wurde jedoch nach dem Einmarsch der Roten Armee alsbald vertrieben.

Die genealogische Datenlage für Rößel ist vergleichsweise schlecht. Für die mich interessierenden Jahrgänge gibt es keine Kirchenbücher mehr und Standesamtsregister sind nur spärlich erhalten geblieben. Es existieren allenfalls einige wenige Namenregister einzelner Jahrgänge. Fast alle genealogischen Daten zur Familie Reinholz, die Rößel betreffen, stammen noch von meinem Urgroßvater aus den dreißiger Jahren bzw. aus Stammbüchern der Nachkommen.

Die genealogisch schlechte Datenlage machte es bisher leider auch unmöglich, eine direkte Verbindung zu einem Reinholzzweig in den USA herzustellen, deren Vorfahren ebenfalls aus Rößel stammten. Die Verbindung ist sehr wahrscheinlich, weil eine Nachfahrin dieser Linie ein guter DNA-Treffer von mir ist.

Jakobus Reinholz

Stammvater meiner ostpreußischen Familienlinie Reinholz ist Jakobus Reinholz. Zu ihm sind bisher keine näheren Daten bekannt. Er muss vor 1817 geboren worden sein und vor 1837 geheiratet haben. Seine Ehefrau war Magdalena Ehlert, zu der es ebenfalls keine gesicherten Daten gibt. Jakobus verdiente sein Lebensunterhalt als Tischler. Im Jahr 1837 wurde den Eheleuten in Rößel ein Sohn geboren. Jakobus wird im Kirchenbuch als Einwohner bezeichnet. Über weitere Kinder gibt es keine gesicherten Erkenntnisse.

Meine Vermutung ist, dass der gemeinsame Ursprung mit der Linie Reinholz aus den USA bei Jakobus Reinholz zu suchen ist.

August Reinholz

August Reinholz wurde am 28. August 1837 in Rößel geboren und am 31. August in der Pfarrkirche getauft. Er erlernte später den Beruf des Siebmachers. An den damals noch handgefertigten Sieben bestand seinerzeit ein hoher Bedarf, z.B. um Getreidekörner von Unkrautsamen zu trennen oder später das daraus gemahlene Mehl zu sieben.

August Reinholz heiratete am 29. September 1862 die ebenfalls aus Rößel stammende Elisabeth Kehlert. Seine Frau wurde am 26. Februar 1838 als Tochter des Kammmachermeisters Franz Kehlert und dessen Ehefrau Elisabeth Beckmann geboren und am 1. März in Rössel getauft.

Die Eheleute Reinholz bekamen im Laufe ihrer Ehe nachweislich mindestens acht Kinder.

Franz Reinholz, zu dem alle weiteren Daten fehlen, heiratete 1891 in Rössel. Der einzige Nachweis ist sein Name im Standesamtsregister von Rößel.

Adalbert Reinholz wurde am 31. Dezember 1869 geboren. Er kam noch vor der Jahrhundertwende nach Berlin und heiratete hier 1898 Maria Dettki. Aus der Ehe ging mindestens ein Sohn hervor. Nach dem Tod der ersten Frau heiratete Adalbert 1942 in Berlin-Charlottenburg Michalina Kubera. Er starb am 11. April 1952 in Berlin.

Ein weiterer Sohn wurde am 6. Oktober 1872 geboren. Emil Reinholz ging später ebenfalls nach Berlin und heiratete im Jahr 1900 Elisabeth Orgass, die ebenfalls aus Rößel stammte. Das Ehepaar hatte mindestens vier Kinder. Emil arbeitete als Postschaffner in Berlin und wohnte mit seiner Familie in Pankow. Er starb am 1. November 1928 ebendort. Seine Witwe verstarb am 21. Juni 1945 in Berlin.

Die erste bekannte Tochter, Veronika Reinholz, wurde vor 1874 in Rößel geboren. Ein genaues Datum ist nicht bekannt. Sie heiratete 1894 in Rößel Josef Schlegel. Erzählungen in der Familie besagen, dass Veronika bei der Flucht aus Ostpreußen am 30. Januar 1945 mit dem KDF-Schiff „Wilhelm Gustloff“ in der Ostsee unterging.

Ferdinand Reinholz starb im Jahr 1875 in Rößel vermutlich noch als Kind. Wann der Junge geboren wurde, war bisher nicht zu ermitteln. Auch Elisabeth Reinholz starb als Kind. Sie wurde 1878 geboren und verstarb noch im selben Jahr.

Maria Reinholz kam am 12. Mai in Rößel zur Welt und wurde dort am 25. Des Monats auch getauft. Auch sie ging um die Jahrhundertwende nach Berlin und heiratete dort am 5. Oktober 1903 den Postillon Johann Schwidlinski. Das Ehepaar bekam nachweislich mindestens acht Kinder. Maria starb am 23. Oktober 1954 in Berlin-Tempelhof, ihr Ehemann starb nach ihr.

Magdalena Reinholz um 1900, Quelle Familienarchiv

Magdalena Reinholz, meine Urgroßmutter, wurde am 17. Januar 1882 in Rößel geboren. Ein Taufdatum ist nicht bekannt. Sie ging ebenso wie ihre Geschwister nach Berlin und arbeitete dort als Plätterin. Am 9. April 1907 heiratete sie den kaiserlichen Postillion Heinrich Dinter in Berlin.

August Reinholz, der Vater der acht Kinder starb am 12. September 1884 in Worplack, einem kleinen Dorf, etwa sechs Kilometer von Rößel entfernt. Ob er beruflich im Dorf unterwegs war oder ob es andere Gründe für den Aufenthalt dort gab, ist nicht zu klären. Über eine Wiederverheiratung der Witwe Elisabeth Reinholz ist mir nichts bekannt. Wer für den Lebensunterhalt der Familie nach dem Tod des Vaters sorgte, ist nicht klar, möglicherweise konnten die älteren Söhne schon Geld verdienen.

Eine der wenigen Quellen, die es von Rößel gibt, ist eine „Haus-Liste zur Personenstandsaufnahme für das Steuerjahr 1918“ aus dem Jahr 1918. In dieser Quelle, in der die einzelnen Einwohner der Häuser mit ihren Adressen, Berufen usw. aufgeführt sind, gibt es keine Einwohner mit dem Namen Reinholz. Unter den aufgeführten Patienten des katholischen Hospitals von Rößel ist jedoch Elisabeth Reinholz zu finden, allerdings mit einem leicht abweichenden Geburtsdatum. Wahrscheinlich starb sie dort im Krankenhaus. Ihr Tod ist auf den 11. November 1918 datiert. Vermutlich war sie damit die letzte Einwohnerin mit dem Namen Reinholz in Rößel. Fast alle Kinder hatten Ostpreußen in Richtung Berlin verlassen.

Reinholz in den USA

Vor einigen Jahren kontaktierte mich eine Familienforscherin aus den USA, die ebenfalls Vorfahren mit dem Namen Reinholz aus Rößel hat. Mit ihr entstand ein reger Austausch an Informationen, denn eine Zugehörigkeit zu meinen Vorfahren ist auf Grund einer hohen Trefferquote unserer DNA-Tests wahrscheinlich. Leider gibt es auch in den USA kein weiter zurückreichenden Dokumente, die eine gemeinsame Vorfahrenschaft beweisen. Ich vermute den gemeinsamen Vorfahren, wie oben erwähnt, in Jakobus Reinholz oder eine Generation davor. Die Linie dieser Reinholzfamilie soll hier kurz vorgestellt werden, um möglicherweise dadurch eine spätere Verbindung zu erhalten.

Stammvater der amerikanischen Linie ist Theodor Jacob Reinholz, der um 1844 in Rößel geboren wurde. Sein zweiter Name könnte ein Hinweis auf seinen Vater sein. Er ist somit vermutlich ein Bruder unseres August Reinholz. Theodor Jacob ging schon um 1876 nach Berlin und heiratete dort vermutlich auch seine Frau, die ebenfalls in Rößel geboren wurde. In den Standesamtsregistern der Stadt Berlin lassen sich ab 1876 sechs Kinder mit seiner Ehefrau Anna Schröder [auch Schrötter] nachweisen. Theodor war in der Reichshauptstadt als Feuerwehrmann beschäftigt. Er starb am 28. November 1901 in Berlin. Seine Ehefrau am 30. März 1922 ebenda.

Bekannte Kinder von Theodor Reinholz

Bernhard Reinholz wurde am 3. Januar 1876 in Berlin geboren. Er heiratete 1905 Johanna Zimmermann in Berlin. Das Paar soll mindestens zwölf Kinder gehabt haben. Von den meisten Nachkommen sind bisher allerdings nur die Namen bekannt, die mir vom Kontakt in den USA zur Verfügung gestellt wurden. Von den bekannten Kinder wanderte der 1925 in Berlin geborene Franziskus Reinholz später in die USA aus und begründete dort die amerikanische Linie. Die Eltern blieben in Berlin wohnen. Bernhard Reinholz starb 1947 in Berlin-Malchow, seine Frau schon 1937.

Gertrud Anna Marie Reinholz kam am 1. November 1878 in Berlin zur Welt. Sie ehelichte 1899 in Berlin Wilhelm Kröning. Die Eheleute hatten drei Kinder. Gertrud starb jedoch schon 1903 in Berlin.

Margarethe Reinholz erblickte das Licht der Welt am 2. Januar 1881 in Berlin. Zu ihr sind bisher keine weiteren Daten bekannt.

Die beiden nächstgeborenen Mädchen, Anna Martha und Elisabeth, starben jeweils schon als Säugling in Berlin.

Das sechste bekannte Kind der Eheleute Reinholz/Schröder war wieder ein Junge. Georg Willibald Reinholz kam am 19. August 1887 in Berlin zur Welt. Er war mindestens zweimal verheiratet. Nach dem Tod seiner ersten Ehefrau im Jahr 1912, heiratete er deren Schwester im Jahr 1915. Georg Willibald starb 1963 in Berlin.

Ausblick

Die unmittelbare Verwandtschaft der beiden Reinholzlinien wird man sicher nur durch Zufall noch beweisen können. Sei es durch neu auftauchende Dokumente oder andere Hinweise. Während meiner Zeit als Familienforscher habe ich jedoch gelernt, mich immer wieder auch mit scheinbar aussichtslosen Fällen zu beschäftigen. Das ein oder andere Rätsel konnte ich so auch erst ein paar Jahre später lösen. Vielleicht wird das auch hier wieder der Fall sein.