Die Orgel von St. Elisabeth

 

Eine Orgel ist beim Eintritt in eine Kirche meist nicht auf den ersten Blick zu sehen, aber wenn ihr Klang ertönt, weiß der Besucher, warum sie auch die Königin der Instrumente genannt wird. Fast jede Kirche hat ein solches Instrument, häufig ist es gegenüber des Altares aufgestellt.

Auch in der katholische Kirche in Königs Wusterhausen befindet sich auf dem Chor, unter den Glockentürmen, ein solches Instrument. Die Orgel wurde allerdings nicht gleich mit der Errichtung des Gotteshauses, sondern erst elf Jahre später eingebaut. Als die Kirche St. Elisabeth im Jahr 1937 in nur sechs Monaten Bauzeit errichtet wurde, fehlte der Gemeinde schlicht das Geld für die Anschaffung einer geeigneten Orgel. Schon der Bau wurde hauptsächlich durch Spenden des Bonifatiusvereins in Paderborn ermöglicht und von den Nationalsozialisten war für eine katholische Kirche selbstredend nicht mit Unterstützung zu rechnen. Um den Gottesdienst dennoch musikalisch begleiten zu können, zog das alte Pedalharmonium nach der Kirchweihe aus der St. Elisabeth-Kapelle, heute das Pfarrhaus gegenüber, in die neue Kirche um.[1]

Orgelempore 1937, Foto Kirchenarchiv

Mit dem Beginn des Krieges wurde auch der Traum, eine eigene Orgel anzuschaffen, begraben. Im Juli 1943 erklang dennoch zum ersten Mal Orgelmusik in der Kirche. Die Gemeinde hatte für 350,- Reichsmark pro Jahr eine Notorgel vom Potsdamer Orgelbauer Alexander Schütz angemietet. Nach dem Ende des Krieges 1945 hatte die Gemeinde dann erst einmal genug damit zu tun, die Schäden, die durch Luftminen und Beschuss entstanden waren, zu beseitigen. Aber im Jahr 1948 ergab sich dann doch die Möglichkeit, endlich eine eigene Orgel zu erwerben.

Ein passendes Instrument stand in der hauseigenen Kapelle des Blindenheimes von Königs Wusterhausen und wurde dort offenbar nicht mehr benötigt. Die Orgel war allerdings stark reparaturbedürftig und wurde ohne die Zinnpfeifen zum Verkauf angeboten. Dennoch erwarb die Gemeinde das Instrument für 4.000 Mark.

Die renommierte Meisterfirma Sauer in Frankfurt/Oder hatte das Instrument um 1901 gebaut und der Hermann-Schmidt-Stiftung für das Blindenheim überlassen. Wilhelm Sauer gründete Mitte der 1850er sein Unternehmen in der Oderstadt. Gebaut werden Orgeln dort bis in die heutige Zeit.

Blasebalg unter der Glockenstube, Foto Norbert Seyer

Das Instrument von St. Elisabeth wird pneumatisch betrieben. Die nötige Luft zum Spielen der Orgel liefert ein Blasebalg, der auf einer Zwischendecke unter der Glockenstube steht.

Die Orgel verfügt über ein Pedal und zwei Manuale mit jeweils 54 Tasten. Für die Variation der Musik sorgen sechs Register für das erste Manual, vier Register für das zweite Manual und noch einmal zwei Register für das Fußpedal. Es gibt die Möglichkeit jeweils ein Manual mit dem Pedal oder beide Manuale miteinander zu koppeln. Das Orgelwerk besteht aus 584 Pfeifen, die längste Pfeife misst 256cm.[2]

Für die Instandsetzung der Orgel wurden in der Gemeinde Spenden gesammelt. Allein bei der ersten Kollekte kamen schon über 1.000 Mark zusammen, ein Beleg dafür, wie wichtig der Gemeinde festliche Musik im Gottesdienst war.

Repariert und aufgebaut wurde die Orgel nach ihrem Ausbau aus der Blindenschule vom Orgelbauer Ernst Teichert aus Königs Wusterhausen.

Ernst Karl Hugo Teichert wurde am 26. Mai 1895 in Breslau geboren und entstammte einer Orgelbauerfamilie.[3] Schon sein Vater Ernst Teichert war Orgelbauer mit eigener Firma in Breslau, die er allerdings 1903 verkaufte.[4] Teichert jr. heiratete 1921 in Berlin und ließ sich anschließend für einige Zeit in Königs Wusterhausen nieder.[5] Hier heiratete er am 25. April 1942 zum zweiten Mal.[6] In Königs Wusterhausen kamen mehrere Kinder zur Welt. Teichert starb 1957 in Bad Rothenfelde-Strang.[7]

Zur Einweihung der neuen Orgel findet sich folgender Eintrag in der Kirchenchronik: „Am Patronatsfest [20. November, Anm. d. Verf.] konnte die Gemeinde ein weiteres freudiges Ereignis begehen: die Weihe der neuen Orgel. Sie ist das Jubiläumsgeschenk der Gemeinde. Zum 1. Mal war sie mit einigen Registern beim Pontifikalamt erklungen; nun präsentiert sie sich mit vollem Werk. Zu der Nachmittagsandacht wird sie geweiht. Der Chor v. St. Michael Berlin unter Leitung v. Hr. Kromolicki übernimmt die gesangl. Ausgestalg. Hr. Kr. führt sie am Ende der Gemeinde mit vollem Werk vor.

Wie schon früher erwähnt, stand die Orgel früher im Blindenheim, jetzt Verwaltungsschule, wurde von uns ohne Zinnpfeifen gekauft, durch Herrn Teichert Kö Wu umgebaut und modernisiert. Die Gesamtkosten der Erstlng. betragen 13210 DM.“[8]

Orgelempore nach der Renovierung; Foto-©-Angela-Kroell

Mit der Umgestaltung des Kircheninneren in den siebziger Jahren wurde der Orgelprospekt dunkelbraun gestrichen. Bei der Wiederherstellung der bauzeitlichen Farbgebung des Kircheninneren im Jahr 2008, entschied sich der Kirchenvorstand aus Kostengründen gegen die Restaurierung des Orgelprospektes. Das Herzstück der Orgel, die Pfeifen und deren Antrieb, wurden während der vergangenen siebzig Jahre mehrfach, u.a. von der Firma Sauer, gewartet und generalüberholt.

Dank mehrerer Organisten in der Gemeinde, erklingt das Instrument immer noch regelmäßig bei Gottesdiensten, Andachten und kleinen Konzerten.

 

[1] Vgl. Seyer, Norbert: Ein Jahrhundert St. Elisabeth Königs Wusterhausen, 2009, S. 29f.

[2] Informationen zum Aufbau der Orgel stammen vom Organisten Dirk Martin.

[3] StA Breslau, 1179/1895.

[4] Vgl. Hüttel, Wolfgang und Reiner in: Das mechanische Musikinstrument, Ausgabe 136, 2019, S. 19.

[5] StA Berlin 10b, 1002/1921.

[6] StA KW, 21/1942.

[7] StA Bad Rothenfelde, 140/1957.

[8] Kirchenchronik St. Elisabeth, S. 94f.