Carl Kühn – Vorfahren und Familiengeschichte

Die Vorfahren und Familiengeschichte des Berliner Diözesanbaurates Carl Anton Otto Kühn (1873-1942)

Publiziert in Brandenburgisches Genialogisches Jahrbuch, Beiträge zur Familien- und Regionalgeschichte, Band 8, 2014

Brandenburg-Preußen wurde seit der Reformationszeit durch seine Kurfürsten und Könige vorwiegend evangelisch geprägt. Lange Zeit gab es keine katholischen Kirchen in Brandenburg. Erst Friedrich der Große lässt für seine katholischen Untertanen ein Gotteshaus in Berlin errichten. Die heutige Kathedrale „St. Hedwig.“  Seit der Reichsgründung und den darauffolgenden so genannten Gründerjahren erfährt die neue Reichshauptstadt Berlin einen nie gekannten Zuzug von Menschen. Viele von den aus Schlesien oder anderen Landesteilen in die Hauptstadt strömenden Menschen sind katholisch. Doch katholischer Kirchenraum, gerade in den Berliner Randgebieten und der Diaspora, ist knapp.

Wilhelm Fahlbusch oder Josef Bischof sind bekannte Architekten, die sich um den Kirchbau in und um Berlin verdient gemacht haben. Carl Kühn hingegen ist ein Architekt der in Vergessenheit geriet und der heute nahezu unbekannt ist. Als Diözesanbaurat des Bistums Berlin war er jedoch maßgeblich an über dreißig Kirchbauten beteiligt.

Im Folgenden soll es jedoch nicht um die von Kühn entworfenen Kirchbauten gehen, sondern um seine Vorfahren, seine Familie und um die Geschichten drum herum.

Johann Kühn

Stammvater der Familie Kühn, die hier beschrieben wird, ist Johann Kühn. Er wurde vor 1776 geboren. Lebensort könnte der hessische Ort Solms-Laubach gewesen sein, so geht es aus dem Standesamtsregistereintrag seines Sohnes hervor. Johann Kühn war Ackerer und Küster in seiner Gemeinde.[1]

Er heiratete vor 1794 eine Tesch unbekannten Vornamens. Die beiden hatten  zusammen mindestens einen Sohn, wahrscheinlich aber wie zu damaliger Zeit nicht ungewöhnlich, mehrere Kinder. Johann Kühns Frau stirbt vor 1840. Das ist eindeutig aus dem Standesamtsregistereintrag beim Tod ihres Sohnes in Köln zu schließen.[2] Aus dem Sterbeeintrag geht jedoch nicht eindeutig hervor, ob Johann Kühn im Jahr 1840 ebenfalls schon verstorben war. Ich würde das eher verneinen.

Christian Ferdinand Kühn

Tod Christian Kühn, Quelle: LAV NRW R, PA 2106 Köln S 1840, Urkunde 12
Tod Odilia Beckers, Quelle: LAV NRW R, PA 2106 Köln S 1875, Urkunde 1078

Christian Ferdinand Kühn wurde etwa 1794 im hessischen Solms-Laubach geboren, errechnet aus dem angegebenen Alter bei seinem Sterbeeintrag.[3]

Spätestens etwa 1820 heiratete er Luzia Odilia Beckers, wenn man sich auf die Altersangabe 55 Jahre des Sohnes beim Sterbeeintrag von Odilia im Jahr 1875 [4]bezieht oder auch errechnet aus dem Datum der Geburt des ersten Kindes im August 1820.

Odilia Beckers wurde nach 1791 in Köln geboren.[5] Ihre Eltern waren der Kürschnermeister Ludwig Adam Beckers und Theresia Broichsitter.[6]

Das Paar Kühn/Beckers hatte mindestens zwei Kinder. Sohn Christian wurde im August 1820 in Aachen geboren.[7] [8] Über seinen Lebensweg ist bisher nichts weiter bekannt. Kurz nach der Geburt des ersten Kindes verzog die Familie nach Berlin, wahrscheinlich aus geschäftlichen Interessen des Vaters.

Das zweite Kind, eine Tochter namens Juliane, kam am 24.August 1824 in Berlin zur Welt.[9] Wohnadresse der Eltern in Berlin war die Kleine Präsidentenstraße 4. Im Taufregister der Sophienkirche Berlin wird Ferdinand Christian als Kaufmann geführt. Möglicherweise führten ihn deshalb geschäftliche Aktivitäten nach Berlin. Christian Ferdinand Kühn taucht im Jahr 1825 das erste Mal in den Adressbüchern der Stadt Berlin auf. Er wird, auch in den darauffolgenden Jahren als Lackier- und Blechwarenfabrikant bezeichnet. Neben seiner Wohnadresse wird auch eine Geschäftsadresse angegeben. Offensichtlich führte er ein Geschäft gemeinsam mit einem Partner. Die Firma „Kühn & Schuster“ hatte ihren Laden in der Oberwallstraße 13. Im Jahr 1830 wird die Geschäftsadresse nicht mehr genannt. Der letzte Eintrag im Adressbuch findet sich im Jahr 1831.[10] Die Familie muss also in dieser Zeit oder kurze Zeit später aus Berlin verzogen sein. Weitere Kinder lassen sich in Berlin nicht nachweisen.

Ob die Familie anschließend sofort nach Köln zog, ist nicht bekannt. Fest steht, dass die Kühns spätestens Ende 1839 in Köln ankamen und in der Lungengasse 20 lebten. Hier verstirbt Christian Ferdinand Kühn am 3.Januar 1840 im Alter von 46 Jahren.[11] Der Tod wurde von zwei Nachbarn angezeigt. Sein Beruf wird im Kölner Sterberegister mit Blechschläger angegeben.

Seine Witwe blieb unter dieser Adresse wohnen und verdiente ihren Lebensunterhalt als Victualienhändlerin. Odilia Beckers starb am 23.März 1875 im Alter von 87 Jahren. Wahrscheinlich ist die Altersangabe nicht ganz zutreffend. Ihre Eltern heirateten im August 1791. Geht man von einer ehelichen Geburt aus, dürfte die Altersangabe maximal 84 Jahre lauten. Möglicherweise kannten die anzeigenden Personen das Geburtsdatum bzw. das Sterbealter nicht genau. Der Tod wird von ihrem Sohn und ihrem Enkel beim Standesamt angezeigt. Odilia Beckers wird im Register als Witwe des Klempnermeisters Christian Kühn bezeichnet.[12]

Juliana(e) Therese Magdalena Caroline Elise Christiane Kühn

Hochzeit Juliana Kühn, Quelle: LAV NRW R, PA 2106 Köln H 1849, Urkunde 553

Juliane Kühn wurde am 24.August 1824 in Berlin geboren und am 3.Oktober des gleichen Jahres in der evangelischen Sophienkirche Berlin getauft. Man stellte ihr drei Paten zur Seite; Demoiselle Gleich, Herrn Dost Hoffmann und Demoiselle Lietzmann.[13] Wie diese Personen zur Familie standen, ist bisher noch nicht geklärt.

Ihre Eltern verließen um 1830 Berlin und zogen möglicherweise sofort nach Köln.

In Köln brachte die junge Frau am 1.April 1846 ihren Sohn Carl Eduard zur Welt. Der Sohn wurde unehelich geboren.[14] Ein Vater wird in keiner Aufzeichnung genannt. Aus diesem Grund erhält der kleine Junge den Nachnamen der Mutter. Juliana verdiente ihren Lebens-unterhalt als Kleidermacherin. Etwa drei Jahre nach der Geburt des Sohnes, heiratete Juliane am 22. August 1849 den Schneider Heinrich Joseph Carl Krabb in Köln.[15] Bisher konnten für diese Ehe keine gemeinsamen Kinder nachgewiesen werden. Juliane starb am 13.November 1875 in Köln.[16]

Carl Eduard Kühn

Geburt Carl Eduard Kühn, Quelle: LAV NRW R, PA 2106 Köln G 1846, Urkunde 958

Carl Eduard Kühn war ein deutscher Architekt und der Vater des späteren Diözesanbaurates von Berlin Carl Anton Otto Kühn. Carl Eduard Kühn wurde am 1.April 1846 in Köln geboren.[17] Er kam als unehelicher Sohn der Kleidermacherin Juliane Kühn zur Welt. Juliane Kühn wohnte zur Zeit der Geburt des Sohnes in der Lungengasse 20.

Über den beruflichen Werdegang von Carl Eduard Kühn ist bisher nicht viel bekannt. Fest steht, dass er zwischen dem 8.März 1868 und dem 15.Februar 1873 als Bauzeichner an der Dombauhütte in Köln arbeitete.[18] Bei der Geburt seines Sohnes Carl Anton Otto am 19.April 1873 wird als Beruf Architekt angegeben.[19] Im Dombauarchiv ist ein Skizzenbuch mit Aufmassskizzen zum Kölner Dom erhalten.[20] Auch die „Stammrolle der Steinmetzen“ weist ihn als Mitglied der Dombauhütte aus.[21] Es scheint so, dass Carl Eduard die Dombaustelle auf eigenen Wunsch verlassen hat. So lässt sich wohl die Bemerkung in der Stammrolle interpretieren, dass er mit Würdigung gegangen ist.[22]

Carl Eduard Kühn ging, nachdem er die Dombauhütte in Köln verlassen hatte, nach Düsseldorf. Der erste nachweisliche Eintrag zu ihm findet sich im Adressbuch der Stadt Düsseldorf 1874. Er bewohnte mit seiner Familie ein Haus oder eine Wohnung in der Grünstraße 19.[23] In diesem Haus oder der Wohnung wohnte vorher, von 1863 bis 1873, der Architekt Franz Deckers.[24]

Möglicherweise holte Franz Deckers seinen Kollegen Carl Eduard Kühn gezielt nach Düsseldorf, denn Deckers wurde von der ansässigen Jüdischen Gemeinde beauftragt, die „Alte Synagoge“ umzubauen und zu erweitern.

„(Im) October 1873 durch Abschluss eines Vertrages mit den Herren Deckers & Kuhne bewirkt, nach welchem der Bau der Synagoge ohne alles Transportable und ohne Gas- und Wasserleitung für die Summe von 15000 Thlr. ausgeführt werden sollte.“[25]

Der Partner von Deckers wird hier Kuhne genannt. In anderer Literatur wird er aber auch als Kühn bezeichnet.[26] Nachweislich gab es jedoch keinen Architekten mit dem Namen Kuhne in Düsseldorf zur fraglichen Zeit.[27]

Von 1873 bis 1875 erfolgte der Umbau der Synagoge im maurischen Stil. „Die Architekten Deckers & Kuhne fertigten einen Entwurf an, von dem ein Aufriß der vorderen Fassade erhalten blieb. Dieser Aufriß zeigt eindeutig maurische Stilelemente“.[28]

Ob Carl Eduard Kühn anschließend in Düsseldorf blieb, ist nicht ganz sicher. Er taucht jedoch in den Adressbüchern von 1878 und 1879 als Architekt wieder auf. Wohnadresse ist jetzt die Charlottenstraße 96.[29]

Größere Bauprojekte von ihm sind nicht weiter bekannt, denn Carl Eduard Kühn starb am 5.Juni 1879 im Alter von nur 33 Jahren in Düsseldorf. Der Tod wird von seinem Schwager dem Konditor Theodor Schwartz aus Krefeld angezeigt.[30]

Im Adressbuch der Stadt Düsseldorf wird seine Frau ab 1880 auch als Witwe geführt.

Carl Eduard Kühn war verheiratet mit Sophie Meckel. Die standes-amtliche Trauung erfolgte am 19.Juli 1872 in Opladen, dem Wohnort der Braut.[31] Möglicherweise konvertierte er zu dieser Zeit auch zum katholischen Glauben, denn bei seinem Sterbeeintrag ist vermerkt, dass er katholischer Konfession war.[32]

Die Braut Sophie Maria Meckel wurde am 29.April 1844 in Rheindalen geboren.[33]

Ihre Eltern waren Carl Anton Ernst Ignatz Meckel (1808-1881) und Johanna Catharina Führer (1816-1879). Das Ehepaar Meckel/Führer hatte insgesamt mindestens zwölf Kinder.[34] Zu den Geschwistern von Sophie Meckel gehören der preußische Generalmajor Klemens Wilhelm Jakob Meckel, der preußische General und „pour le merite“ – Träger Johann Wilhelm Meckel und der bekannte Architekt Maximilian Emanuel Franz Meckel.[35]

Bemerkenswert ist, dass Carl Kühn über Catharina Führer mit weiteren großen Architektenfamilien verwandt ist. Mit zur Familie gehören der Kölner Dombaumeister Vincenz Statz und dessen Sohn der Architekt Franz Statz, sowie die Architekten Leo und Carl Zaar, die auch in Berlin und Umgebung schaffend tätig waren.

Es sind bisher drei Kinder von Carl Eduard Kühn und Sophie Meckel bekannt. Der erste Sohn und spätere Diözesanbaurat des Bistums Berlin Carl Anton Otto wurde am 19.April 1873 in Köln geboren.[36] Das Ehepaar wohnte zur Zeit der Geburt in der Weyerstraße 18. Als Zeuge der Geburt findet sich im Standesamtsregister ein Christian Kühn, 55 Jahre alt. Als Stand wird bei ihm Commis (bedeutet Kontorist oder kaufmännischer Angestellter) angegeben.[37] Hier handelt es sich offensichtlich um den Bruder der Großmutter. Ein weiterer Zeuge im Standesamtsregister ist der 47-jährige Goldarbeiter Louis Weber.

Das zweitgeborene Kind war eine Tochter. Sie wurde am 11.September 1874 in Düsseldorf geboren und erhielt den Namen Johanna Franziska.[38] Sie starb schon am 28.September 1874 in Düsseldorf.[39]

Ein drittes Kind wurde am 27.April 1876 in Düsseldorf geboren. Der zweite Sohn erhielt die Namen Theodor Otto. Auch dieses Kind starb im Kleinkindalter am 6.Juni 1879 in Düsseldorf.[40]

Die Witwe Carl Eduard Kühns verließ Düsseldorf etwa Mitte Juli 1900 und zog nach Bonn-Kessenich.[41]

Interessant ist, dass die Witwe Sophie Kühn etwa seit Ende September 1883 eine Pflegetochter aufnahm. Es handelt sich hier um die in Berlin am 29.September 1877 geborene Josefine Auguste Justine Michelis. Josefine ist die uneheliche Tochter der aus Berlin stammenden Auguste Michelis. Möglicherweise ging die Pflegetochter mit nach Bonn-Kessenich, denn eine Abmeldung lässt sich in der Einwohnermeldekartei von Düsseldorf nicht feststellen.[42]

Sophie Kühn starb möglicherweise in Odenkirchen. Dieser Ort wird bei der zweiten Heirat ihres Sohnes als letzter bekannter Wohnort angegeben. [43]Ein genaues Datum ist bisher nicht ermittelt.

Carl Anton Otto Kühn

Geburt Carl Kühn, Quelle: LAV NRW R, PA 2106 Köln G 1873, Urkunde 1653

Carl Anton Otto wurde am 19.April 1873 in Köln geboren.[44] Getauft hat man ihn am 29.Mai in einer der ältesten romanischen Kirchen Kölns, „St. Pantaleon“. Als Paten stellte man Carl seine Urgroßmutter Odilia Kühn geborene Beckers und seinen Großvater Carl Anton Ernst Meckel zur Seite. [45]

Es ist relativ wahrscheinlich, dass Carl den Beruf des Steinmetzen oder einen ähnlichen Bauberuf erlernt hat, denn an der Orgelempore der katholischen Kirche „St. Elisabeth“ in Königs Wusterhausen, die Kühn als Diözesanbaurat 1937 errichtete, findet sich eine Art Steinmetzzeichen von ihm.[46]

Kühn kam etwa im Jahr 1895 nach Berlin, um zunächst für den bekannten Architekten Christoph Hehl zu arbeiten, der sein Büro an der TH Charlottenburg hatte. [47] Später wurde er auch Assistent an Hehls Lehrstuhl und übernahm später, nach einem Schlaganfall Hehls, dessen Vorlesungen. Außerdem war Kühn Mitarbeiter in Hehls privatem Architekturbüro.[48]

Ein erster Eintrag im historischen Adressbuch der Stadt findet sich im Jahr 1899. Kühn wird im Adressbuch als Architekt bezeichnet und wohnt zunächst in der Berlinerstraße 22 in Charlottenburg. Der nächste Eintrag findet sich 1901 im Adressbuch mit der Angabe Schulstraße 1. Seit 1906 hatte Kühn offensichtlich einen dauerhaften Wohnsitz in Berlin.[49]

Zwischen 1902 und 1904 lebte Carl Kühn wahrscheinlich nicht dauerhaft in Berlin. Adressbucheinträge fehlen hier. Stattdessen arbeitete er in dieser Zeit für das Architekturbüro seines Onkels Max Meckel. Während dieser Jahre war er Bauleiter beim Bau der katholischen Garnisonskirche „St. Georg“ in Ulm.[50]

Steinmetzzeichen von Carl Kühn an der Empore von St. Elisabeth, Foto: Norbert Seyer
Steinmetzzeichen von Carl Kühn an der Empore von St. Elisabeth, Foto: Norbert Seyer

Ein weiterer Hinweis auf eine Lehrtätigkeit findet sich im Historischen Adressbuch von Berlin im Jahr 1907. Als Adresszusatz wird hier Assistent der Königlich Technischen Hochschule und Lehrer der Baugewerkschule angegeben. Kühn wohnte zur angegebenen Zeit für etwa zwei Jahre am Friedrich-Karl-Platz 18 in Charlottenburg. Von 1908 bis 1911 wird als Adresse Scharrenstraße 30 angegeben. Zwischen 1912 und 1917 wohnte Kühn in der Bismarckstraße 61, anschließend für etwa zwei Jahre in der Kaiserin-Augusta-Straße 64. Seit 1920 wird er dauerhaft wohnend in der Albertinenstraße 3 in Zehlendorf geführt. [51] Ein von ihm geplantes Mehrfamilienhaus.

Ein frühes Bauwerk von Carl Kühn war das Herrenhaus „Siebeneichen“ in Berlin-Lichterfelde. Dieses Bauwerk errichtete er 1902 in Zusammenarbeit und unter Leitung des Architekten August Leo Zaar für den Bruder von Kühns Mutter, den Generalmajor Jacob Meckel.[52] Zaar lehrte ebenfalls zusammen mit Christoph Hehl an der Technischen Hochschule Berlin-Charlottenburg. Der Vater von Leo Zaar ist ein Cousin von Kühns Großmutter und stellt so möglicherweise über seine Verwandtschaft zur Familie Kühn das Bindeglied zu Hehl dar.

Seit etwa 1911 arbeitete Kühn als selbständiger Architekt und entwirft neben Kirchen auch Profanbauten wie Villen, Autogaragen oder Grabmähler. [53] Die erste eigenständige Kirche die Kühn entwarf und baute, ist „Mater Dolorosa“ in Berlin-Lankwitz 1912.

Seit dem 4. Januar 1917, war Carl Kühn als Landsturmmann beim Garnisonsbatallion Spandau einberufen.[54]

Carl Kühn 2.v.l., Quelle: KIrchenarchiv Heilige Familie Prenzlauer Berg
Carl Kühn 2.v.l., Quelle: KIrchenarchiv Heilige Familie Prenzlauer Berg

Ab 1926 war Carl Kühn als Fürstbischöflicher Delegaturbaurat der Fürstbischöflichen Delegatur für Brandenburg und Pommern des Bistums Breslau beziehungsweise von 1930 bis 1938 als Diözesanbaurat des Bistums Berlin für alle Kirchbauten zuständig.[55] Eine der letzten Kirchen die Kühn projektierte und baute, ist die katholische Kirche „St. Elisabeth“ in Königs Wusterhausen 1937.[56]

Carl Kühn heiratete zweimal. Seine erste Frau hieß Anna Maria Umhey. Sie wurde am 20.Juni 1869 als Tochter des Schuhmachermeisters Karl Umhey und der Juliane Remmler in Schwetzingen/Baden geboren.[57] Die Familie war katholisch. Anna Maria Umhey stand möglicherweise als Studentin in Zusammenhang mit Christoph Hehl, denn in Exkursionsunterlagen findet sich ein Notizbuch einer Anna Kühn.[58] Carl Kühn heiratete Anna Maria standesamtlich am 20.September 1899 in Charlottenburg.[59] Zum Zeitpunkt der Eheschließung waren Anna Marias Eltern bereits verstorben.[60] Aus dieser Ehe gingen keine Kinder hervor. Anna Maria Umhey starb am 12.Mai 1922.[61] Der Sterbeort ist bisher unbekannt.

Seit April 1916 hatte Carl Kühn ein außereheliches Verhältnis mit der unverehelichten Lucie Schild. Das geht aus der Sammelakte zur zweiten Heirat Kühns in Frankfurt/Main hervor.[62] Er verstieß damit gegen §1568 BGB und die betrogene Ehefrau reichte die Scheidung ein. Es kam am 20.März 1917 zur Vernehmung von Lucie Schild. Am 8.Juni 1917 tagte die 14.Zivilkammer des Königlichen Landgerichts III in Berlin und verhandelte im Beisein zweier Anwälte über die Ehescheidungssache. Da Carl Kühn keine Anträge gestellt hatte und in der Sache geständig war, wurde die Ehe am 8.Juni 1917 geschieden.[63]

Carl Kühn heiratete nur knapp einen Monat später erneut, jedoch nicht Lucie Schild.

Seine zweite Ehe wurde am 6.Juli 1917 mit Anna Müller, geboren am 4.Januar 1893 in Frankfurt am Main, standesamtlich in Frankfurt am Main geschlossen. Die zweite Frau war eine Nichte der geschiedenen Ehefrau und möglicherweise der wahre Scheidungsgrund. Die evangelische Trauung fand in der alten Weißfrauenkirche ebenfalls in Frankfurt am Main statt.[64] Vater der Braut war Wilhelm Müller aus Frankfurt am Main.[65] Die Mutter der zweiten Frau hieß Anna Umhey und war die Schwester von Kühns erster Ehefrau. Da die katholische Kirche eine Wiederverheiratung Geschiedener nicht vorsieht, konnte die katholische Trauung erst nach dem Tod der ersten Ehefrau, am 28.Mai 1925 nachgeholt werden. Die Eheleute wählten dafür das schlesische Märzdorf im Kreis Ohlau aus. Im Traueintrag sind keine Trauzeugen genannt. Aus der Ehe gingen zwei Kinder hervor. Ein Sohn und eine Tochter.

Carl Kühn starb am 21.Juni 1942 in Tannwald (heute Tanvald/Tschechien) an einem Schlaganfall und wurde am 29.Juni auf dem Friedhof Onkel-Tom-Straße in seiner Heimatgemeinde Herz Jesu in Berlin-Zehlendorf beigesetzt. Als letzter Wohnort wird Harrachsdorf (heute Harrachov/ Tschechien) angegeben.[66] [67] Seine Grabstelle gibt es heute nicht mehr.

Interessant ist, dass auf der gleichen Grabstelle auch seine Schwiegermutter Anna Müller, geb. Umhey, beigesetzt wurde.[68]

Am 24.April 1945 überquerte die Rote Armee im Zuge der Schlacht um Berlin den Teltowkanal in Zehlendorf. In der allgemeinen Auflösung der letzten Kriegstage erschießt sich Carl Kühns Witwe Anna zusammen mit ihrer Tochter am 24.April 1945 in ihrem Haus. Sie wird zunächst auf dem Grundstück Albertinenstraße 3 begraben[69], später aber auf den Friedhof Zehlendorf umgebettet. Ihr Grab ist heute eine Kriegsgräberstätte. [70]

Der Sohn Kühns geriet gegen Ende des Krieges in Gefangenschaft und ging nach seiner Entlassung von Berlin nach Bayern.

Obwohl Carl Kühn heute nahezu unbekannt ist, prägen seine Bauten nach wie vor das Erscheinungsbild vieler Straßen, Dörfer und Städte in Berlin und Brandenburg. Und es lohnt allemal, sich mit diesen Gebäuden näher zu befassen.

 


[1] Vgl. Standesamtseintrag vom Tod seines Sohnes , StA Köln Sterberegister 12/1840
[2] Ebda.
[3] Vgl. Standesamt Köln Sterberegister 12/1840
[4] Vgl. Standesamt Köln Sterberegister 1078/1875
[5] Lt. Eintrag auf familysearch heiraten die Eltern am 21.August 1791 in St.Lupus, Köln,(“Deutschland, Heiraten 1558-1929,” index, FamilySearch (https://familysearch.org/pal:/MM9.1.1/J4PD-X42 : accessed 26 Mar 2013), Adamus Becker and Theresia Broichsitter, 21 Aug 1791.) Geht man von einer ehelichen Geburt der Odilia aus, muss sie nach diesem Datum geboren sein. Dieses Geburtsdatum stimmt dann nicht mit der Altersangabe beim Sterbeeintrag überein. Mglw. kannten die Nachkommen das tatsächliche Alter nicht.
[6] Vgl. Standesamt Köln Sterberegister 1078/1875
[7] Errechnet, vgl. Alter 55 Jahre beim Sterbeeintrag der Mutter in Köln, StA Köln Sterberegister 1078/1875
[8] “Deutschland, Geburten und Taufen 1558-1898,” index, FamilySearch (https://familysearch.org/pal:/MM9.1.1/NXS1-YMG : accessed 27 Mar 2013), Christian Kuehn, 09 AUG 1820.
[9] Sophienkirche Berlin
[10] Historische Adressbücher von Berlin; versch. Jahrgänge, online einzusehen z.B. (http://www.zlb.de/besondere-angebote/berliner-adressbuecher.html#c9131)
[11] Vgl. Standesamt Köln Sterberegister 12/1840
[12] Vgl. Standesamt Köln Sterberegister 1078/1875
[13] Kirchenbuch Sophienkirche Seite 248 Nr. 842/1824
[14] Vgl. Standesamt Köln Geburtsregister 958/1846
[15] Vgl. Standesamt Köln Heiraten 553/1849
[16] Vgl. Standesamt Köln Sterberegister 3945/1875
[17] StA Köln Geburten 958/1846
[18] Vgl. Dombauhütte 19.Jahrhundert, Aufzeichnungen von Konstantin Manthey
[19] StA Köln Geburten 1653/1873
[20] Vgl. Blog Kunstgeschichte Konstantin Manthey 21.08.2012
[21] ebda.
[22] ebda.
[23] Adressbuch Düsseldorf 1874, E-Mail von Jacob Heyman, Stadtarchiv Düsseldorf 14.02.2013
[24] Adressbuch Düsseldorf 1863-1874, E-Mail von Jacob Heyman, Stadtarchiv Düsseldorf 14.02.2013
[25] Düsseldorfer Geschichtsverein (Hrsg.): Geschichte der Stadt Düsseldorf in zwölf Abhandlungen. Festschrift zum 600jährigen Jubiläum. Band 3, C. Kraus, Düsseldorf 1888, S. 244. (online bei Google Bücher) (wikipedia-„Alte Synagoge“ Düsseldorf)); abgerufen am 20.02.2013
[26] Angela Genger, Kerstin Griese:Aspekte jüdischen Lebens: in Düsseldorf und am Niederrhein, 1997, S. 64 (wikipedia-„Alte Synagoge“ Düsseldorf); abgerufen am 20.02.2013
[27] E-Mail von Jacob Heyman, Stadtarchiv Düsseldorf 14.02.2013
[28] Angela Genger, Kerstin Griese: Aspekte jüdischen Lebens: in Düsseldorf und am Niederrhein, 1997, S. 63 (wikipedia- „Alte Synagoge“ Düsseldorf); abgerufen am 20.02.2013
[29] Adressbuch Düsseldorf 1878/79, E-Mail von Jacob Heyman, Stadtarchiv Düsseldorf 14.02.2013
[30] StA Düsseldorf 1002/1879
[31] StA Opladen 016/1872
[32] StA Düsseldorf 1002/1879
[33] “Germany, Births and Baptisms, 1558-1898,” index, FamilySearch (https://familysearch.org/pal:/MM9.1.1/NJPB-NMQ : accessed 24 Feb 2013), Maria Sophie Wilhelmina Meckel, ; citing Rheindahlen, Rheinland, Preußen, Germany; FHL microfilm 939639.
[34] ebda.
[35] ebda.
[36] StA Köln Geburten 1653/1873
[37] ebda.
[38] “Germany, Births and Baptisms, 1558-1898,” index, FamilySearch (https://familysearch.org/pal:/MM9.1.1/NZN6-FX8 : accessed 24 Feb 2013), Johanna Franziska Kuehn, ; citing CIVIL, DUESSELDORF STADT, RHEINLAND, PRUSSIA; FHL microfilm 939824.
[39] Mikroverfilmte Einwohnermeldekartei Düsseldorf  (Kühn) Film Nr. 7-4-0-37.0000; Email vom Stadtarchiv Düsseldorf 17.09.2013
[40] ebda.
[41] Mikroverfilmte Einwohnermeldekartei Düsseldorf (Kühn) Film Nr. 7-4-0-37.0000 Email vom Stadtarchiv Düsseldorf 17.09.2013
[42] Meldekarte Einwohnermeldekartei auf Film Nr. 7-4-0-51.0000 ; Email vom Stadtarchiv Düsseldorf 17.09.2013
[43] Kopie der Sammelakte vom Standesamt Frankfurt/Main Juni 2013
[44] StA Köln Geburten 1653/1873
[45] Vgl. KB St. Panthaleon S.461 Nr. 139/1873
[46] Vgl. http://konstantinmanthey.blogspot.de/2012_08_01_archive.html, abgerufen am 24.02.2013
[47] Vgl. Konstantin Manthey in: Sonderdruck aus Wichmann-Jahrbuch des Diözesangeschichtsvereins Berlin, Neue Folge 12 52./53. Jahrgang 2012/2013, S.92
[48] ebda.
[49] Historisches Adressbuch von Berlin, online einzusehen, versch. Jahrgänge z.B. (http://www.zlb.de/besondere-angebote/berliner-adressbuecher.html#c9131)
[50] Werner Wolf-Holzäpfel, Der Architekt Max Meckel (1847-1910), Lindenberg 2000, S. 365
[51] ebda.
[52] Vgl. Wolfgang Sommer 1993, S.30 nach Notizen von Konstantin Manthey
[53] Vgl. Konstantin Manthey in: Sonderdruck aus Wichmann-Jahrbuch des Diözesangeschichtsvereins Berlin, Neue Folge 12 52./53. Jahrgang 2012/2013, S.109 f.
[54] Kopie der Sammelakte vom Standesamt Frankfurt/Main Juni 2013
[55] Vgl. wikipedia „Carl Kühn“
[56] Norbert Seyer, „Ein Jahrhundert St. Elisabeth Königs Wusterhausen“ 2009
[57] Heiratseintrag StA Charlottenburg 372/1899
[58] Hinweise von Konstantin Manthey
[59] Schreiben des Standesamtes Frankfurt Main vom 08.Mai 2013
[60] Mail von Martina Rohde vom 28.05.2013 nach Einsicht in das Berliner Trauregister von 1899
[61] Vgl. Katholisches Pfarramt Herz-Jesu Mai 1925, Fol. 58, Nr. 9
[62] Kopie der Sammelakte vom Standesamt Frankfurt/Main Juni 2013
[63] ebda.
[64] Vgl. Katholisches Pfarramt Herz-Jesu Mai 1925, Fol. 58, Nr. 9
[65] ebda.
[66] Mitteilung der Friedhofsverwaltung Zehlendorf vom 05.04.2013
[67] Vgl. auch Kirchenbuch Herz Jesu Berlin Sterberegister S.64/1942
[68] Mitteilung der Friedhofsverwaltung Zehlendorf vom 08.04.1993 an Wolfgang Sommer (Kopie liegt vor)
[69] Sterberegister Paulusgemeinde Berlin-Zehlendorf, Nr. 438/1945
[70] Mitteilung der Friedhofsverwaltung Zehlendorf vom 05.04.2013


 

Nachtrag zu Sophie Meckel- verheiratete Kühn

Auch nach der Publizierung des vorstehenden Beitrags habe ich mich mit der Familiengeschichte des Carl Kühn weiter befasst. Auf den Webseiten von ancestry konnte ich den Sterbeeintrag von Sophie Meckel ausfindig machen. Außerdem konnte ich in einer Nebenbemerkung des Standesamtes den Hinweis auf die Namensänderung der Stieftochter finden.

Im Folgenden der überarbeitete Abschnitt:
Die Witwe verließ Düsseldorf Mitte Juli 1900 und zog nach Bonn-Kessenich.[1] Interessant ist, dass die Witwe Sophie Kühn etwa seit Ende September 1883 ein Pflegekind aufnahm. Es handelt sich hier um die in Berlin am 29.September 1877 geborene Josefine Auguste Justine Michelis. Josefine ist die uneheliche Tochter der aus Berlin stammenden Auguste Michelis. Wahrscheinlich ging die Pflegetochter mit nach Bonn-Kessenich, denn eine Abmeldung lässt sich in der Einwohnermeldekartei von Düsseldorf nicht feststellen.[2] Auf Antrag des Standesamtes Poppelsdorf, heute ein Stadtteil von Bonn, wurde festgelegt, dass Josefine Michelis am 30.Mai 1902, den Familiennamen Kühn annahm.[3] Mit ziemlicher Sicherheit tritt Sie unter dem Namen Auguste Kühn als Patin bei der Taufe der Tochter ihres Stiefbruders Carl 1920 in Berlin auf.[4]

Kurz nach der Jahrhundertwende muss Sophia nach Berlin-Charlottenburg in die Scharrenstraße 30 verzogen sein. Dort starb Sie am 23.September 1907 um 3.00 Uhr morgens. Der Tod wurde dem Standesamt Charlottenburg vom Tischlermeister George Kraatz angezeigt.[5] Ihr Sohn Carl übernahm nach ihrem Tod für kurze Zeit die Wohnung der Mutter.[6]


[1] Mikroverfilmte Einwohnermeldekartei Düsseldorf  (Kühn) Film Nr. 7-4-0-37.0000 Email vom Stadtarchiv Düsseldorf 17.09.2013
[2]  Meldekarte Einwohnermeldekartei auf Film Nr. 7-4-0-51.0000 ; Email vom Stadtarchiv Düsseldorf 17.09.2013
[3] StA  Berlin VIIa 4237/ 1877 Nebenbemerkung zur Namenänderung
[4] Vgl. Katholisches Pfarramt Herz-Jesu 11.08.1920, Fol. 35, Nr. 19
[5] StA Berlin-Charlottenburg 622/1907, eingesehen bei ancestry
[6] Vgl. Berliner Adressbücher unter http://www.zlb.de/besondere-angebote/berliner-adressbuecher.html