Ein weiteres Großereignis 1953
Ein weiteres sportliches Großereignis des Jahres 1953, nach der Friedensfahrt im Mai, waren die IV. Weltfestspiele der Jugend und Studenten in Bukarest im August. Diese unregelmäßig veranstalteten Weltjugendspiele hatten einen ausgeprägt kommunistischen Charakter und wurden bis auf wenige Ausnahmen immer im damaligen Ostblock veranstaltet. Teil der Weltjugendspiele waren sportliche Wettkämpfe auf hohem internationalen Niveau.
Dass die Regierung der DDR diesen Spielen einen hohen Stellenwert einräumte, kann man schon allein daran erkennen, dass fast die gesamte siegreiche Mannschaft der Friedensfahrt nach Bukarest delegiert wurde und sich die Fahrer in einem Trainingslager auf die Rennen in Bukarest vorbereiteten. Neben Paul Dinter waren aus der Friedensfahrtmannschaft auch Täve Schur, Bernhard Trefflich und Lothar Meister nominiert. Die Mannschaft der DDR trat im 100 km Mannschaftszeitfahren und im Einerstraßenrennen über 185 km an.
Ursprünglich sollte das Mannschaftszeitfahren mit einer Sechsermannschaft durchgeführt werden. Um die Ersatzfahrer auch zum Einsatz zu bringen, wurde schnell noch eine Mannschaft DDR II gemeldet, in der Detlef Zabel, Georg Stoltze, Gerhard Löffler und Werner Malitz antraten. Insgesamt starteten 21 Mannschaften im Abstand von fünf Minuten auf die schweren 100 km. Das Los bestimmte die Startreihenfolge, DDR I ging von Startplatz 19 ins Rennen. Das hatte den Vorteil, dass man bestens über die Zeit der Konkurrenz informiert war, nachteilig wirkte sich aber die immer drückender werdende Hitze in Bukarest aus.
Nach dem Start fuhr DDR I schnell eine Minute Vorsprung heraus. Neben den hohen Temperaturen wirkte sich auch der laufende Verkehr störend auf das Rennen aus, denn die Straßen waren nicht extra abgesperrt worden. An der 50km Marke war der Vorsprung auf knappe 10 Sekunden zusammengeschmolzen. Auf einer Brücke kam es beinahe zu einem schweren Verkehrsunfall. Als die Fahrer zum Überholen eines LKW ansetzten, begann dieser ohne ein Zeichen zu setzen, ebenfalls einen Überholvorgang eines vor ihm fahrenden Pferdefuhrwerks. Beim Bremsen und Ausweichen stürzte Lothar Meister schwer und die Mannschaft verlor dadurch kostbare Zeit. Kurz darauf muss er sogar das Rennen beenden. Zu dritt kämpften sich die verbliebenen Fahrer über den Rest der Strecke. Sie spürten wohl bereits, dass der Sieg verloren war. Völlig erschöpft überquerten sie den Zielstrich in Bukarest.
Sieger im 100km Mannschaftsfahren wurde Polen vor der CSSR und Bulgarien. DDR I wurde nur Vierter, die Enttäuschung bei den Friedensfahrtgewinnern war groß. Man hatte sich mehr vorgenommen, aber der Sturz von Lothar Meister hatte doch zu viel Zeit gekostet.
Am 14. August startete das Einzelrennen von Bukarest über Campina und wieder zurück nach Bukarest. Die Strecke war mit 185 km Länge bei den hohen Außentemperaturen sehr anspruchsvoll. Mit niedrigen Startnummern starteten die DDR-Fahrer relativ weit vorn im Feld. Auswahltrainer Werner Schiffner hatte seinen Fahrern vorab mitgegeben, dass das Rennen wahrscheinlich gleich am Anfang entschieden würde. Das schwere Zeitfahren noch in den Beinen, kamen die DDR-Fahrer aber nur langsam in Tritt. Kurz nach dem Start hatte sich bereits eine Ausreißergruppe abgesetzt, denen kein DDR-Fahrer folgen konnte.
Erst kurz vor der Wendemarke in Campina begann es bei den Fahrern der DDR richtig zu rollen und sie starteten ihre Aufholjagd. Lothar Meister konnte dem hohen Tempo nicht lange folgen und schied noch vor der Hälfte des Rennens aus. Die Ausreißergruppe, die kurz nach dem Start abgefahren war, kam den Verfolgern schon kurz vor Campina entgegen. Der Vorsprung betrug beachtliche sechs Minuten. Und sie machten immer noch einen frischen Eindruck.
Nach der Wende in Campina setzten vermehrt Vorstöße ein, um die Spitzengruppe doch noch einzuholen. Das Feld zerfiel in kleinere Einzelgruppen. Auch eine Gruppe von vier Belgiern zog das Tempo an und startete eine Aufholjagd auf die Spitzengruppe. Doch Paul Dinter konnte ihnen, zunächst nur allein, folgen. Vor Ploesti gelang es auch Schur, Zabel und Scholtze, den Anschluss an diese Gruppe herzustellen. Nur wenig später brach bei Stoltze aber der Rahmen und er musste das Rennen beenden.
Die bereits kurz nach dem Start abgefahrenen Rennfahrer waren letztendlich nicht mehr einzuholen. Werner Schiffner hatte mit seiner Einschätzung recht behalten. Das Rennen gewann der Franzose Thaurien vor dem Engländer King. Täve Schur belegte als bester DDR-Fahrer den neunten Platz. Paul Dinter und Detlef Zabel kamen in einer größeren Gruppe durchs Ziel und wurden auf Platz 15 gewertet.
Noch am Abend bestieg die Delegation der DDR einen Sonderzug nach Berlin, um wieder rechtzeitig zum Start der DDR-Rundfahrt zurück zu sein.