Familienlinie Schaar

Kolonist und Eigentümer eines Büdnerhauses

Eine vor mehr als 250 Jahren beginnende Linie ist die meiner Vorfahren mit dem Namen Schaar.

Der Familienname kann ursprünglich mehrere Bedeutungen gehabt haben. Eine Deutung kommt aus dem mittelhochdeutsche Sprachgebrauch als Berufsübername von „schar“ und deutet auf den Hersteller oder den Benutzer einer Pflugschar oder, jedoch seltener, einer Schere hin. Der Hersteller einer Pflugschar könnte in diesem Zusammenhang aber auch z.B. Schaarschmidt heißen.
Die zweite Deutung leitet sich von einem Übernamen aus dem mittelhochdeutschen ab. Das Wort „schar“ bedeutet hier einen Dienst beim Gutsherrn, Fronarbeit oder das Scharwerk.
Die dritte Deutungsmöglichkeit weist auf einen Wohnstättenname aus dem Mittelhochdeutschen hin. In diesem Fall ist das Wort „schar“ für steil oder schroff zu verwenden. Der Namenträger könnte an einer steilen Klippe oder ähnlichem gewohnt haben.

Der Name Schaar kommt durchschnittlich häufig in Deutschland vor.

Zur Familienlinie Schaar forsche ich schon relativ lange, bedauerlicherweise jedoch mit eher mäßigem Erfolg. Nur wenige Generationen bzw. Informationen sind bekannt.

Stammvater Georg Schaar

Stammvater meiner Linie ist Georg(e) Schaar. Nach dem verzeichneten Lebensalter bei seinem Sterbeeintrag müsste er um 1744 geboren worden sein. Ein Geburtsort ist nicht bekannt.

Ausschnitt aus einem Ahnenpass mit Hinweis auf Georg und Karoline Schaar, Quelle: Familienarchiv

Er heiratete vor 1776 Marie Dorothea Schultze. Wo ist nicht bekannt.

Ab 1776 finden sich Geburten von Kindern des Ehepaares Schaar-Schultze im evangelischen Kirchenbuch von Sieversdorf. In diesem Kirchenbuch wurden zunächst auch die kirchlichen Handlungen der umliegenden neuen Kolonistendörfer verzeichnet. Später finden sich dann diese Einträge im Kirchenbuch von Friedrichsdorf.

Georg Schaar wird im Kirchenbuch meist als Büdner oder Kolonist bezeichnet, ein Hinweis darauf, dass er wohl zu den angesiedelten Einwohnern der neuen Dörfer gehörte. Er wurde auch in einer Kolonistenliste für Jühlitz erwähnt, die die Namen der angesetzten Büdner enthält. Georg Schaar, in dieser Liste nicht George, teilte sein Doppelhaus, es trug damals die Nummer 16, mit der Familie von Johann Weinstrauch. Mein Vorfahr ist nur einer von zwei Kolonisten, die auch eine Scheune erhielten.

Kinder von Georg Schaar

Am 15. November 1776 wurde Johann Christian Friedrich geboren. Er heiratete am 4. Mai 1817 Amalie Friederike Duecker in Rhinow. Weitere Daten sind bisher nicht bekannt.

Johann Georg Samuel erblickte das Licht der Welt am 1. Mai 1780. Er starb mit 25 Jahren, am 16. Dezember 1805 in Jühlitz. Dort wurde er auch zwei Tage später bestattet.

Ein dritter Sohn wurde am 8. September 1781 geboren. Er wurde fünf Tage später auf die Namen Georg Christian Friedrich Wilhelm getauft. Weiterführende Daten sind nicht bekannt.

Das nächste mir bekannte Kind ist meine Vorfahrin Karoline Friederike. Interessant ist, dass ich ihre Geburt bisher in keinem Kirchenbuch gefunden habe. Auch nach mehrfacher Durchsicht des Kirchenbuches von Sieversdorf fand ich den Eintrag nicht. Ein vermutetes Geburtsdatum, errechnet aus dem Sterbealter, ist um 1785 zu suchen. Das Karoline Friederike eine Tochter von Georg ist, lässt sich aber zweifelsfrei anhand des Traueintrages belegen. Karoline heiratete am 5. September 1805 in der Kolonistenkirche von Friedrichsdorf den 1782 in Vehlgast geborenen Joachim Christoph Seyer. Zwei Töchter wurden zunächst in Saldernhorst geboren, bevor die Familie um 1811 in die Büdnerkolonie von Jühlitz zog. Ich gehe davon aus, dass Karoline und ihr Mann das Haus von Georg Schaar nach seinem Tod erbten.

Eine weitere Tochter kam 1788 zur Welt. Sie wurde Wilhelmine Dorothea Henriette genannt. Weitere Daten fehlen.

Das letzte mir bekannte Kind wurde am 6. August 1790 geboren und am 15. des gleichen Monats getauft. Die Eltern gaben ihr die Namen Anna Christiana Dorothea Carolina. Auch hier liegen keine weiteren Daten vor.

Georg Schaar starb am 16. Februar 1811, im Alter von 67 Jahren, in Jühlitz. Zwei Tage später wurde er in Friedrichsdorf begraben.
Wann und wo seine Frau starb, konnte ich bisher nicht herausfinden.

Büdnerhaus Nr. 16

George Schaar wurde wie vorgenannt in einer Kolonistenliste der Büdnerkolonie Jühlitz als Hausbesitzer erwähnt.

Hinweistafel in der Kolonie Jühlitz auf das Leben der Büdner, Foto: Norbert Seyer 2013

Büdner waren in jener Zeit Leute, die meist ein eigenes kleines Haus, das sogenannte Büdnerhaus, besaßen. Oft war das Büdnerhaus ein Doppelhaus, das dementsprechend von zwei Familien bewohnt wurde. Es wurde Landwirtschaft für den Eigenbedarf betrieben und meist ging der Büdner noch einem Handwerk zum Broterwerb nach. In der Büdnerkolonie Jühlitz betätigte man sich z.B. als Besenbinder oder Korbflechter.

Die noch heute dort existierenden Häuser sind eingeschossige, aus roten Ziegeln errichtete oder verputzte Wohnhäuser. In einem Dokument des Geheimen Preußischen Staatsarchivs wird die Länge der Jühlitzer Büdnerhäuser mit 43 Fuß und die Breite mit 24 ½ Fuß angegeben. In Preußen entsprach 1 Fuß ca. 0,31 m. Somit sind die Häuser ungefähr 13,33m lang und 7,60m breit. Die sich dadurch ergebene Wohnfläche beläuft sich auf umgerechnet knapp 100m2. Wer jetzt denkt, dass diese Wohnfläche ein schönes Häuschen darstellt, irrt, denn im Haus waren auch noch die Stallungen für das Vieh untergebracht. Die Familien, und meist waren es Großfamilien, teilten sich einen Wohnraum mit Küche und kleine Schlafkammern. Oft konnte auch nur der Wohnraum beheizt werden.
Die landwirtschaftliche Nutzfläche der Büdner grenzte in vielen Fällen unmittelbar an das Haus. Büdner unterschieden sich vom Bauern oder Halbbauern durch die geringere landwirtschaftliche Nutzfläche, welche sie zur Verfügung hatten. Allerdings waren Büdner oft bessergestellt als Hüfner, Kätner oder Einlieger.

ehemaliges Büdnerhaus Nr. 16 in der Kolonie Jühlitz, Foto Norbert Seyer 2013

Nach neueren Erkenntnissen lässt sich der genaue Standort des Wohnhauses eindeutig feststellen. Dazu habe ich Grundbuchunterlagen und Katasterkarten des Ortes auswerten können.
Das älteste Grundbuch von Jühlitz findet sich im Brandenburger Landeshauptarchiv in Potsdam. Unter Rubrica III, „Gerichtlich versicherte Schulden und andere Real-Verbindlichkeiten“ ist mit dem Datum vom 19. Januar 1779 vermerkt, dass die Käuferin verehelichte Scharin (sic!) das Kaufgeld noch schuldig ist. Ein Hinweis darauf, dass das Haus vor diesem Datum von meinen Vorfahren erworben wurde.

Ein weiterer Eintrag unter Rubrica I „Titulus possessionis“ befasst sich mit dem Erbfall der „Witwe Seyer, Friederike geborene Jung“. Es handelt sich hier um die Frau des ältesten Sohnes des Ehepaar Seyer/Schaar. Sie wurde am 23. April 1840 als Besitzerin im Grundbuch eingetragen. Der Eintrag lautet hierzu: „Die Witwe Seyer, Friederike geborene Jung, welche nach dem Legitimations— vom 19ten März 1840 die alleinige Erbin des Vorbesitzers Seyer, ihres Mannes und dessen Sohn Johann Heinrich Christian Seyer geworden, ohne Wertbestimmung geerbt.“
Das Ehepaar Seyer/Schaar war zu diesem Zeitpunkt bereits verstorben und auch der Ehemann von Friederike Jung, sowie ihr einziges Kind waren ebenfalls schon tot.

Die Bezeichnung bzw. die Nummerierung der einzelnen Parzellen änderten sich mehrfach. Die erste Eintragung im Grundbuch von 1840 weist fünf verschiedene Parzellen auf. Parzellen 47-49 befinden sich auf der Gemarkung Jühlitz. Die Parzellen 18 und 41 liegen auf der Gemarkung Friedrichsbruch. Hier findet sich auch erstmals die Bezeichnung „Büdnerhaus Nr. 16“. Insgesamt hat der Grundbesitz eine Fläche von 1,46 ha. Die zu entrichtende Grundsteuer beträgt 7,22 Taler

Heute befindet sich das Grundstück mit dem Haus auf Parzelle 149/150. Mit dem Erbfall der Witwe Seyer ging das Haus für unsere Familie verloren.
Das Haus wechselt bis zum heutigen Tag noch mehrfach den Besitzer. Die Reihenfolge stellt sich etwas lückenhaft folgendermaßen dar:
George Schaar erwarb das Haus vor 1779 und bewohnte es bis zu seinem Tod im Jahr 1811.
Seine Tochter Karoline und ihr Ehemann Christoph Joachim Seyer erbten höchstwahrscheinlich den Hof, und siedelten sich etwa 1811 in Jühlitz an. Nach dem Tod von Christoph Seyer im Jahr 1837, Karoline war bereits 1832 gestorben, übernahm der älteste Sohn Johann Heinrich Christian Seyer den Hof für etwa zwei Jahre. Sein früher Tod und auch der zeitnahe Tod seines einzigen Sohnes machten die Ehefrau zur Besitzerin des Büdnerhauses 16. Wahrscheinlich konnte sie das Haus allein nicht bewirtschaften und musste es aus diesem Grund verkaufen.
August Schulz aus Kleinderschau erwarb im Oktober 1903 das Haus und hielt es bis 1912 in seinem Besitz. Danach ist ein Richard Fischer aus Brenkenhof als Besitzer eingetragen. Vermutlich sein Sohn Paul erbte das Haus 1940/41. Das Grundbuch schließt 1957.

Das Haus trägt heute die Hausnummer 1 und befindet sich direkt an der Kreuzung nach Friedrichsbruch.
Ich war schon mehrfach im Ort meiner Vorfahren. Im Sommer 2013 konnte ich Jühlitz erneut besuchen, jetzt mit dem Wissen, welches das genaue Haus unserer Vorfahren ist. Das Haus ist von der Straße aus schwer zu sehen, da das Grundstück von einer hohen Hecke umgeben ist. Das Haus ist offensichtlich modernisiert worden und es ist im Gegensatz zu einem reetgedecktem Nachbarhaus mit einem Ziegeldach versehen. Die Fassade ist geputzt und der Gesamteindruck lässt das Alter des Hauses nicht vermuten. Die Nebengebäude auf dem Grundstück sind offensichtlich ebenfalls älteren Charakters.

Weitere Vorkommen des Namens Schaar in der Umgebung

In den vielen Jahren meiner Familienforschung bin ich vielen Hinweisen auf den Namen Schaar nachgegangen. Ich habe unter anderem Vorkommen in Wassersuppe, Jederitz, Rhinow oder Stölln geprüft. Auch im Kirchenbuch von Strohdehne sind viele Namenträger zu finden. Bisher konnte ich jedoch in keinem Kirchenbuch eine Verbindung zu meiner Linie der Familie Schaar herstellen.