Familie Mitelsztet – Eine tragische Geschichte mit glücklichem Ende
Ein Grund, warum ich diese Webseite betreibe, ist Menschen kennen zu lernen, die mit mir gemeinsame Vorfahren haben. So einen Kontakt hatte ich in dieser Woche.
Anfang der Woche erhielt ich eine Mail aus Polen, in der mir Patryk Mitelsztet schrieb, dass er in meiner Datenbank seinen möglichen Vorfahren gefunden habe.
Mit dem Namen Mittelstädt habe ich mich bereits ausführlich beschäftigt, da ich schon seit Jahren Kontakt zu einem Mittelstädtzweig in den USA habe, der auf einen gemeinsamen Vorfahren zurück zu verfolgen ist.
Ältester bekannter gemeinsamer Ahn mit Patryk Mitelszet ist Michael Mittelstädt, der in Tornow, ganz in der Nähe des heutigen Bad Freienwalde, zwei Ehen einging. Dieser gemeinsame Vorfahr wurde vor 1700 geboren. Ein Geburtsort ist bisher nicht bekannt.
Der letzte gemeinsame Vorfahre von Patryk Mitelsztet und mir ist Lorentz Mittelstädt. Lorentz wurde am 4. August 1725 in Tornow geboren. Er heiratete seine Frau Catharina Regina Zacharias am 15. November 1751 in Trampe. Lorentz starb am 16. Juli 1787 in Trampe. Das Ehepaar hatte acht Kinder, von denen jedoch nur zwei das Erwachsenenalter erreichten. Hier trennen sich die Linien von Patryk und mir.
Die Familiengeschichte von Patryks Vorfahren ist wie ich finde sehr spannend, gleichzeitig auch tragisch und soll hier erzählt werden.
Alles fing damit an, dass sein Vorfahr Carl Ferdinand Albert Mittelstädt, ein Urenkel unseres letzten gemeinsamen Vorfahren Lorentz Mittelstädt, in Richtung Osteuropa auswanderte.
Carl Albert Ferdinand Mittelstädt wurde am 27. März 1844 in Amalienhof geboren. Er war das einzig überlebende Kind seines Vaters und seiner Mutter.
Carl Albert Ferdinand wanderte irgendwann nach Podbuż (Pidbusch) aus, dass seinerzeit in Galizien lag und damit zu Österreich-Ungarn gehörte. Der Grund für die Auswanderung ist in der Familie nicht bekannt. Hier in der neuen Heimat nannte er sich nur noch Albert. In Podbuż wurde 1881 sein Sohn Karol Mittelstädt geboren.
Nach dem Ersten Weltkrieg kam Podbuż zu Polen und hieß dann Podbuże Hier starb Albert am 25. Februar 1934. Ein Bild seines Grabsteins existiert noch.
Karol Mittelstädt heiratete in Podbuże und bekam 1923 einen Sohn, den er Lucjan nannte. Nach der Besetzung Ostpolens durch die Sowjetunion wurde Podbuże 1939 russisch. Lucjan arbeitete während dieser Zeit im Ort als Wildhütergehilfe. Es muss einen Vorfall gegeben haben, der ihn in den Fokus der stalinistischen Verfolgung rückte. Im Jahr 1940, noch vor der Besetzung des Ortes durch die deutsche Wehrmacht, wurde er durch Rotarmisten im Haus eines Freundes verhaftet. Anschließend zwangen sie Lucjan ein paar Sachen zu packen und danach sein Elternhaus zu verlassen. Er wurde anschließend, im Alter von nur etwa 19 Jahren, nach Kasachstan deportiert! In Karaganda, einem Ort, mehr als 4.000 km entfernt von der Heimat, fand er eine Bleibe. Hier lernte er seine Ehefrau Olga kennen, deren Familie ebenfalls deportiert wurde.
In Karaganda arbeitete Lucjan als Leiter eines Holzlagers für eine Kohlemine. Karaganda war reich an Kohlevorkommen, die schon seit Anfang der dreißiger Jahre vorwiegend von sowjetischen Zwangsarbeitern erschlossen wurden.
In Karaganda wurden 1946 sein Sohn Adam Mitelsztet geboren. Der Nachname war mittlerweile der kyrillischen Schreibweise angepasst worden. Nur drei Jahre später musste Lucjan wegen angeblicher Aktivitäten gegen die Sowjetunion ins Gefängnis. Seine Frau Olga verlor ihre Arbeit in einer Apotheke und das Kind kam in ein Heim in Karaganda. Nach Stalins Tod im Jahr 1953 wurde das Urteil gegen die Familie abgemildert, eine Heimkehr in Aussicht gestellt.
Im Jahr 1957 konnte die Familie endlich wieder nach Polen zurückkehren. Adam Mitelsztet erzählte in einem Radiointerview, dass er sich genau an die ersten Worte seines Vaters nach dem Grenzübertritt erinnern könne. Sein Vater sagte damals zu ihm; „Das ist unser Land.“
Die Familie ließ sich in Boguszow-Gorce (ehemals Gottesberg-Rothenbach) nieder. Dort kam im Jahr 1970 Jaroslaw Mitelsztet zur Welt. Er ist der Vater von Patryk Mitelsztet, der mich kontaktiert hat.
Beitragsbild mit freundlicher Genehmigung der Familie Mitelsztet